Das Büro für Markenentwicklung lud ein zum 3. Markensoziologischen Privatissime und der Andrang brachte das kleine Hinter-“Hofbüro Eppendorf” in der Schottmüllerstrasse an seine räumliche Kapazitätsgrenze. Über dreißig alte und neue Bekannte von nah und deutlich weiter weg, versammelten sich am 12. Dezember 2019, um gemeinsam bei Rotwein (Medinet á la Hans Domizlaff) und Salzbrezeln über markensoziologische Problemstellungen zu denken und die Referenten des Abends zu erleben.
Vor dem offiziellen Beginn verlaß der Soziologe und ehemalige Lehrbeauftragte an der Universität Hamburg, Dr. Rainer Waßner einen Brief aus dem Nachlass des emigrierten, deutsch-US-amerikanischen Soziologen Rudolf Heberle (1896-1991) an Alexander Deichsel aus dem Dezember 1981. Der gebürtige Lübecker Heberle war in Kiel Student von Ferdinand Tönnies und heiratete später dessen Tochter, Franziska Tönnies. In dem handschriftlichen Brief dankt er Alexander Deichsel u.a. für seinen Einsatz um den Nachdruck der Tönnies-Schrift “Einführung in die Soziologie” (Enke-Verlag, Stuttgart) und erste Vorbereitungen, die zu einer Tönnies-Werksausgabe führen sollten. Die Gründung der Ferdinand-Tönnies-Arbeitsstelle an der Universität Hamburg im Sommersemester 1982 war der nächste offizielle Schritt, um die Erkenntnisse von Tönnies für die Gegenwart zu nutzen.
Über den örtlichen Umgang mit globaler Nachrichtenflut
Der Redakteur, Moderator, Autor und nicht zuletzt Markensoziologe Dr. Martin Busch war Impulsgeber des Abends. Das Thema des Radio-Bremen-Profis: “Selbstähnlichkeit in der Nachrichtenflut – Markensoziologische Bemerkungen zur Ordnung im vermeintlichen Chaos”. Von Original-Tonbeiträgen”live” unterstützt, zeigte er die tagtägliche Leistung von Hörfunk-Journalisten, die aus der 24/7-Nachrichtenflut “Ihre Ortsmarke” bzw. deren spezifische Interessen herausfiltern und erspüren müssen. Wie wird Selbstähnlichkeit aus Sicht des lokalen Senders sichergestellt, ist dies überhaupt möglich? Es fand eine Diskussion über die Rolle des Radios vor Ort, Stichwort “Glokalisierung”, aber auch der allgemeinen Zukunft dieses Mediums im voranschreitenden Digitalzeitalter statt. Welche Antworten hat die “Marke Hörfunk”, jenes Medium, welches 2023 bereits seinen 100. Geburtstag feiert auf die Digitalisierung? Wie soll das Radio zukünftig damit umgehen, wenn Podcasts und youtube-Videos die maßgeblichen neuen, “gelernten” Informationsquellen für nachfolgende Generationen sind?
Je mehr Globalisierung umso spezifischer der Ort
Im Anschluss klärte Professor Deichsel, Präsident der Ferdinand-Tönnies Gesellschaft Kiel, die Zuhörer über die Rolle von Herkunft, der Spezifik des Ortes in einer (scheinbar) globalisierten Welt auf: Eine Kugel ist die einzige geometrische Form, die über keinen definierten Mittelpunkt verfügt. Daher kann jeder Mensch an jedem Ort auf dieser Welt-Kugel jederzeit von sich behaupten: Hier, wo ich stehe, ist der Mittelpunkt der Welt. Und er oder sie hat damit immer recht.
Die Folgen dieses individuellen Mittelpunkt-Bewusstseins sind kontinuierlich spürbar und omnipräsent, ein kurzer Blick in die aktuelle Schlagzeilenlage genügt. Ob Donald Trump, Brexit oder Flüchtlingskrise: Überall ist die beständige Spannung zwischen der individuellen Moral des Ortes und einer global-übergeordneten Ethik spürbar. Exakt das, was Tönnies unter dem Begriff der “Öffentlichen Meinung” zusammenfasste: Eine quasi richterliche Instanz, die unparteiisch über den unzählbaren lokalen Welt-Geschehnissen und Gemeinschaften thront und sie unnachgiebig nach ihren allgemeingültigen bzw. ideeellen Maßstäben bewertet – und bei Verstößen streng verurteilt (Ferdinand Tönnies: Kritik der Öffentlichen Meinung, Berlin 1922/Erstausgabe).
Die beiden Gastgeber Professor Dr. Oliver Errichiello und Dr. Arnd Zschiesche vom Büro für Markenentwicklung schlossen den Abend mit einem großen Dank an die wesenwillig versammelte, stetig anwachsende Hamburger Denk-Gemeinschaft. Abgerundet wurde dies von der Überreichung von Original Lübecker Marzipanherzen und der “Original Markensoziologie-Grundlagenschrift” für den engagierten Bremer Gastreferenten.
Ihr Lieben,
Ich würde so wahnsinnig gern bei den markensoziologischen Veranstaltungen dabei sein – ob Eppendorf oder anderswo.
Könnt ihr mich in den Verteiler aufnehmen bzw. die nächsten Termine mal rüber schicken?
Vielen Dank und schöne Weihnachtstage
Saskia
Ist angekommen. Egal wo, Du bist dabei.