IKEA zelebriert das naturnahe Schweden noch im Industriegebiet
Nach ABBA ein weiterer weltweiter Exportschlager aus Schweden – und alle Gebäude glänzen in den Nationalfarben. Passend zur Jahreszeit kommt ein weiteres Nationalsymbol zum Einsatz: Der geschmückte Maibaum.
IKEA ist ein Paradebeispiel dafür, wie Marke durch tagesgeschäftliche Handlungen konsequent geführt und gestärkt wird. Kernstrategie ist die Konzentration auf kollektive Vorstellungen hinsichtlich “Schweden” bzw. “Skandinavien”: Es werden Vorstellungen, Vorurteile, Bilder und Assoziationen aktiviert, die grundsätzlich positiv belegt sind – und das weltweit. Das Thema “Schweden” wird dabei konkret in allen Filialen – von Hamburg über Lyon bis Moskau und Sydney – umgesetzt. Vorbildhaft dabei: Die Marke IKEA wird eben nicht nur in der Werbung verankert, im Gegenteil die Werbung ist nur ein Faktor von vielen.
Einige Beispiele:
- Die Kunden werden geduzt = Das evoziert die Vorstellung von “typisch skandinavischer” Partnerschaft.
- Die Verkäufer/Berater tragen Polo-Hemden und keine Krawatte = “Hier gibt es keine Barrieren.”
- In den Herren-Waschräumen finden sich Wickeltische = “Gleichberechtigung” … ein typisch skandinavischer Kulturzug.
Markenarbeit ist Detailarbeit: Bei IKEA wechselt selbstverständlich auch der Mann die Windeln.
Der Markensoziologe könnte diese Auflistung um zahlreiche Beispiele erweitern. Sie alle demonstrieren, dass IKEA über sehr konkrete Handlungen, bestimmte Wirkungen in seiner Kundschaft erzeugt bzw. bestätigt. Es wird eine allgemeine Vorstellung “produziert”: IKEA ist ein “sympathisches” und “familienfreundliches” Möbelhaus … Eigenschaften, die als typisch skandinavisch eingeordnet werden. Die großformatigen Bilder von typisch schwedischen Naturszenarien im IKEA-Restaurant (Kötbullar!) oder der allgegenwärtige Elch sind nur etwas auffälligere Details.
So schmeckt Schweden: Köttbullar sind Fleischbällchen, die meist mit Preiselbeerkompott und Kartoffeln serviert werden, ein schwedisches Traditionsgericht, dass in jedem IKEA-Restaurant angeboten wird.
Die Konzentration auf konkrete Entsprechungen von Positiven Vorurteilen macht das IKEA-Marketing so erfolgreich. Ein neues Beispiel für die Verstärkung von kollektiven Vorstellungen war vor kurzem in der Süddeutschen Zeitung zu lesen: Sissel Tolaas, Professorin an der Havard Business School, entwirft Düfte und Gerüche. Ihre Aufgabenstellung: Einen Duft für den IKEA-Katalog entwickeln. Interviewauszug:
SZ: … Sie wollen einen Geruch für Ikea designen, einen Katalog, der riecht!Tolaas: Ich bin dabei. Ich hoffe, die Kataloge werden nach Schweden riechen. Die werden den Katalog also mit einer schwedischen Holzart beduften.
Eine echte Duftmarke. Bis ins kleinste Detail bedient die Marke IKEA sämtliche Sinne, um den Vorstellungswelten hinsichtlich “Schweden” zu entsprechen und damit die eigene Marke zu stärken: Schweden, das Land der unendlichen Wälder und der Möbel zum Selbstaufbau. Ein durchdachter Schachzug “Made in Sweden”. Nebeneffekt: Das was McDonalds für die USA, Mercedes für Deutschland oder Armani für Italien erreicht haben, erreicht IKEA für Schweden – die Marke wird als Abbild einer Nation wahrgenommen. In erster Linie aber: Markensoziologisch perfekte Umsetzung eines Ursache-Wirkungszusammenhangs …
Wie erfolgreich und prägend eine Marke ist, zeigt sich auch daran, dass andere Marken ihr eine unmissverständliche Referenz erweisen:
Bionade wirbt auf dem Parkplatz vor einem IKEA-Geschäft. Da hat das Marketing wohl große Schnittmengen zwischen beiden Verwendergruppen festgestellt.
Nachtrag:
IKEA ist und bleibt Meister in Fragen der Markenführung. So umfasst die selbstähnliche Markenführung nicht nur Fragen des Marketings, sondern gleichzeitig auch Ausprägungen die bspw. den Lieferservice umfassen. Beispiel: In der ersten (alternativ geprägten) Innenstadtfiliale in Hamburg-Altona bietet IKEA seinen Kunden ein TransportFAHHRAD an … und zu der dortigen Eröffnung integrierte IKEA kurzerhand lokale Geschäfte und ihre Produkte in die Print-Anzeigen …