Logistikunternehmen haben ein grundsätzliches Problem: Sofern sie ihre Arbeit professionell und gut erledigen, wird ihre hochkomplexe Leistung kaum deutlich. Bis auf einen Mitarbeiter an einem Abgabeschalter oder einem gehetzten Kurierfahrer ist nicht nachvollziehbar, dass Hunderte von feinst abgestimmten Abläufen ineinander greifen müssen, damit ein Paket sein Ziel innerhalb weniger Stunden unbeschadet erreicht. Bisher haben die Großen der Branche durch abstrakte Imagekampagnen versucht, Vertrauen in ihr Angebot zu verbreiten.
DHL geht einen anderen Weg: Im Rahmen der sog. “Global Brand Campaign” greift das Tochterunternehmen der Deutschen Post AG aus seinen 285.000 Mitarbeitern einige heraus und erklärt an speziellen Einzelfällen äußerst konkret, was die Mitarbeiter unternehmen, um die Aufträge renommierter Kunden sicherzustellen. So werden Aufträge für “Mercedes-Benz” (Tausende Teile zu einem exakten Zeitpunkt in bestimmten Werken), für “ToysRUS” (Die Spielekonsole WII zu einem bestimmten Zeitpunkt in den Spielzeuggeschäften) oder für Winzer aus dem Beaujolais in ihrem Ablauf und ihren Kundenansprüchen dargestellt.
Besonders hervorzuheben ist das Kampagnenmotiv “DHL und das Gewandhausorchester”. Der Logistiker Fritz Grosz und sein Team werden vorgestellt, indem die besonders sensiblen Ansprüche an die pünktliche und sichere Verladung wertvoller und sensibler Instrumente durch DHL im Rahmen von Gewandhausorchester-Tourneen thematisiert werden. Grundsätzliche Aussage: 12 Städte in 2 Wochen ohne 1 Problem. Auf einer speziellen Internetseite: www.dhl.de/best-practice haben die Anzeigenleser die Möglichkeit, noch mehr über die Leistung des DHL-Teams zu erfahren.
Die zugrundeliegende Kommunikationsstrategie ist aus markensoziologischer Sicht äußerst gut durchdacht: Grundsätzlich vermeidet diese Kampagne abstrakte Aussagen, die zwangsläufig austauschbar und damit kommunikativ unwirksam sind. Statt Botschaften wie “Serviceorientierung” bzw. “Verlässlichkeit” zu kommunizieren, werden eben diese Eindrücke über die Verdeutlichung eines Einzelfalles evoziert. Über die Durchsetzungskraft von Exempeln in der Werbung schreiben Errichiello/Zschiesche in ihrem Buch “Markenkraft im Mittelstand“: “Im Konkurrenzkampf der Leistungen kann nur eine Werbung effizient sein, der es gelingt, öffentliches Vertrauen in eine Leistung aufzubauen. […] Achten Sie darauf, Fakten zur Verankerung Ihrer Werbebotschaft einzusetzen. Es gibt vielfältige Möglichkeiten, über Konkretisierungen bei Menschen eine gewünschte Verallgemeinerung zu erreichen.” Aus der Kommunikationswissenschaft in bekannt, dass abstrakte Urteile nicht auf Basis abstrakter Botschaften entstehen, sondern ausschließlich über die Verallgemeinerung auf Basis eines Einzelfalles. Eben dieses Grundgesetz macht sich DHL in ihrer Kampagne gekonnt zu eigen.