Ob ein Marken-Slogan oder Claim “gut” ist, lässt sich nicht ästhetisch bewerten … der persönliche “Geschmack” kann niemals darüber entscheiden, ob ein Leitspruch zur Wertschöpfung beiträgt. Die Frage, ob ein Slogan gut oder schlecht ist, resultiert einzig und allein aus der Analyse der Leistungsgeschichte bis ins aktuelle Tagesgeschäft. Grundsätzliche Frage ist: Welche “Positiven Vorurteile” hat das Unternehmen über die Zeit mit seinen Leistungen in den Köpfen der Menschen verankert und welcher “Sinnspruch” fasst diese Vorstellungen am prägnantesten zusammen. “Der gute Stern auf unseren Straßen” beispielsweise verknüpft DAS Markensymbol mit wertigen Assoziationen (und ist bis heute der bekannteste Claim den Mercedes je hatte). Weitere Beispiele: Das sprichwörtliche “ei-ei-Verporten“, vom “Grünen Band der Sympathie” ganz zu schweigen. Allesamt wurden sie irgendwann abgeschafft, gern verargumentierter Grund: “Der Slogan war zu altbacken und hatte nichts mehr mit unserer aktuellen/modernen Positionierung zu tun …”. Allerdings: Diese Sprüche sind nicht zu löschen. Die Marktforschung fördert sie bei allen drei Marken mit Abstand an die vordersten Plätze – teilweise mehrere Jahrzehnte nach ihrem Abtritt.
Das grundsätzliche Wissen um die Wirkweise von Slogans scheint kaum präsent: Stattdessen werden Claims in Hinblick auf ihren kreativen Esprit oder ihre internationale Praktikabilität “entwickelt” … meistens von Agenturen, welche die eigentliche Leistungsgeschichte kaum oder nicht ernsthaft analysiert haben – und es aus Sicht des Auftraggebers auch nicht müssen… Resultat: Austauschbare Slogans … die alle vier Jahre (mit jedem Vorstandswechsel – denn hier zeigt sich Aktivität und Mut zur Veränderung) erneut zur Disposition stehen … eine gigantische Vernichtung von Budgets und Werbeinvestitionen. Der beste Claim nützt nichts, wenn er nicht kontinuierlich über einen langen Zeitraum eingesetzt – auch auf die Gefahr hin, dass er nach 25 Jahren allen Beteiligten zu den Ohren(!) heraus kommt.
Eine besondere Blüte des Claimwahnsinns möchten wir vorstellen: Es geht um den 2007 eingeführten VW-Leitspruch “Volkswagen – Das Auto“. Es ist innerhalb von drei Jahren keinem Dienstleister, keinem Werbe-Profi, keinem Unternehmen und keiner Agentur aufgefallen, dass der Slogan 100%ig gestohlen ist … und zwar vom direkten Konkurrenten Opel.
1968/1969 warb die Adam Opel AG für ihren Kadett auf folgende Weise:
Nachtrag:
Dem Abgasskandal sei dank ist VW erneut gezwungen, wieder gute Werbung zu machen. Allerdings: Gerade einmal fünf Jahre hat der Claim “Das Auto” überlebt … ein Aufwand der nur eine kurze Halbwertszeit hat. genau das ist das Problem: Zum einen merkt sich in Zeiten überbordender Kommunikationsinhalte kaum noch irgendjemand irgendetwas … und wenn dann nur, wenn es lange genug durchgehalten wird. Dies ist heutzutage illusorisch, denn sowohl der ständig neue Marketingleiter als auch die an Kreativität verdienende Werbeagentur benötigt den stetigen Wechsel für Karriere und Cashflow … mit der Wahrung des Bestehenden kann sich kein Mensch profilieren bzw. Geld verdienen. Heutzutage geht es schon lange nicht mehr um den eigentlichen Claim, sondern um die Frage des Durchhaltevermögens. Anders formuliert: Auch der schlechteste Claim wird gut, wenn ich ihn nur lange genug durchhalte …
Mag sein, dass Slogans “verjähren”, mag sein, dass die omnipotenten “Checkprogramme” der Namensagenturen versagt haben (weil nur digitale Daten berücksichtigt wurden!), mag vielleicht aber auch einfach nur sein, dass in einer Zeit in der Leitsprüche(!) im Rahmen von Kreativmeetings intensivst “erdacht” werden (demoskopische Überprüfung selbstverständlich inklusive) am Ende alles austauschbar wird. Weil die Leistungsgeschichte eines Unternehmens, seine DNA, seine Werbearchive nur noch für die Erstellung einer Firmenchronik zum 100. Marken-Geburtstag genutzt werden – anstatt dieses Material in das Zentrum aller Überlegungen zu stellen.
Alles nicht so schlimm: In der VW-Logik steht spätestens nächstes Jahr erneut ein Claimwechsel an … bis dahin ist “Das Auto” ganz einfach Mehrzahl.
PS: Marken-Zerstörung kann auch von innen kommen: Der Claim “Das Auto” wurde nach unseren Informationen intern entwickelt.
PPS: Das wichtigste an einem guten Slogan sind seine Differenzierungskraft und seine Unnachahmlichkeit. Der Slogan muss direkt zur beworbenen Marke hinführen. Wie sieht es mit “Das Auto” aus?
- Mercedes-Benz – Das Auto
- VW – Das Auto
- Opel – Das Auto
- Toyota – Das Auto
- Fiat – Das Auto
- …
“PPS: Das wichtigste an einem guten Slogan sind seine Differenzierungskraft und seine Unnachahmlichkeit. Der Slogan muss direkt zur beworbenen Marke hinführen. Wie sieht es mit “Das Auto” aus?
Mercedes-Benz – Das Auto
VW – Das Auto
Opel – Das Auto
Toyota – Das Auto
Fiat – Das Auto”
Gute Anmerkung, wenn man bedenkt, dass sie tatsächlich von jemand kommt, der sich – ganz differenzierbar – Büro für Markenentwicklung nennt.