Werbung folgt einem Ursache-Wirkungsprinzip. Zumindest, wenn sie ein bestimmtes Produkt verkaufen möchte. Das bedeutet: Die Werbung zeigt die Leistung (Ursache) des Produktes oder der Dienstleistung, welche die Menschen im Anschluss kaufen sollen (Wirkung). Ein sehr simples Prinzip, welches im Zeitalter sog. Imagewerbung oft in Vergessenheit gerät, beobachtet das Büro für Markenentwicklung in Hamburg. Unter Image-Werbung wird jene Werbung verkauft, die nicht wirbt, sondern stattdessen ein bestimmtes Image nach außen transportieren soll. Meist geschieht dies über die Darstellung lachender Menschen, die an einem Tau ziehen, Frauen gerne barfuß, Männer mit Dreitagebart (siehe Bild oben), Sonnenuntergänge am Wasser, emotionale Musik usw. Entscheidend für Image-Werbung ist zumeist die völlige Abwesenheit der Unternehmensleistung im Bild oder Spot. Gerne wird auch ein bewusster Bruch mit dem verankerten Image angestrebt (z.B.: Lidl-Werbung Image-TV: “Was gut ist”). Firmeninterne kritische Nachfragen, ob der neue TV-Spot die Verkaufszahlen in die Höhe getrieben hat, können mit dem Hinweis auf “Das ist eine reine Image-Kampagne” abgewürgt werden. Gerne wird dafür folgender Satz verwendet: “Das verstehen Sie nicht Frau/Herr XY, der Spot ist nur dazu da, um unsere Sympathiewerte zu steigern, laut aktueller Mafo ist uns das hervorragend gelungen.” Das Schlagwort unter dem all diese verheerenden Vorgänge laufen bzw. von Agenturen verkauft werden, heißt “Emotionalisierung der Marke” – und wird gerne Traditionsmarken angeboten unter dem Vorwand, sie zu entstauben bzw. einer jungen Zielgruppe anzudienen. Leider funktioniert Kommunikation so nicht. Auch die schönsten Emotionen bezüglich einer Marke basieren immer auf deren konkreten Leistungen. Ein universelles Motiv, hier “junge Liebe” lässt keine spezifischen Rückschlüsse zu, es funktioniert genau umgekehrt. Konkret: Lufthansa gewinnt 2015 zum fünften Mal hintereinander den von Reise- und Tourismusexperten ausgeschriebenen Titel “Beste Airline Europas” beim World Travel Award – Abstrakt: Lufthansa ist eine sehr gute Airline.
Die Markenleistungen der Lufthansa
Die Lufthansa ist eine beliebte weltberühmte Traditionsmarke, die seit ihrer Gründung 1926 (Neugründung 1953) den globalen Luftverkehr um viele einmalige Leistungen bereichert hat und als eine der sichersten Airlines der Welt gilt. In ihrer Werbung unterläuft ihr seit Jahren immer wieder ein Fehler, der gerade in der Reise- und Touristikbranche durchgehend bei vielen Marken Konjunktur hat: Man zeigt das (mögliche) Ergebnis bzw. die intendierte Wirkung der eigenen Dienstleistung, z.B.: Ich verlebe mit einem Menschen, den ich liebe eine wunderschöne Zeit jenseits des Alltags (Barcelona/Rom/…). Das oben gezeigte Beispiel ist sicherlich eine schöne Werbung, die uns an schöne zweisame Zeiten erinnert oder davon träumen lässt. Vielleicht sogar dazu führt, dass wir im Internet nach Urlaubszielen Ausschau halten oder in das nächste Reisebüro gehen. So weit so richtig. Das einzige Problem: Die Anbindung an die Unternehmensleistung fehlt vollständig. Es gibt kein Argument, welches den Betrachter dieser Anzeige dazu bringt, jetzt ausschließlich mit Lufthansa zum Städtetrip aufzubrechen. Lufthansa verzichtet freiwillig vollständig auf eigene Leistungsinhalte bzw. deren Einbindung und stellt sich im Ergebnis auf eine Stufe mit allen anderen Anbietern von Flugreisen. Dabei hätte die Marke in einem heftig umkämpften Markt unendlich viele einmalige Leistungs-Argumente, um Interessenten für die eigene Marke zu begeistern: Modernität der Flotte, Umweltengagement, eigene Ausbildung, Maßnahmen zur Sicherheit, Awards, Pünktlichkeit, German Engineering, Innovationen etc. Jeder einzelne dieser Bereiche enthält im Fall der Lufthansa unzählige konkrete Steilvorlagen für eine aussagekräftige einmalige Kommunikation.
Prinzipien guter Werbung
Eine Marke muss für ihre Kommunikation immer aus ihrem eigenen Leistungs- bzw. Ursachenfundus schöpfen – dieser Fundus ist bei der Lufthansa riesig, er muss nur genutzt werden. Marke lebt auch im 21. Jahrhundert von individueller Spezifik und Grenze zu anderen Anbietern. Werbung lebt auch im 21. Jahrhundert davon, dass sie eine Leistung konkret darstellt (das kann gerne kreativ geschehen). Verliebte Menschen reichen dafür nicht aus, zumindest wenn Marke etwas mit Differenzierung und Leistung zu tun haben soll. Liebe als schönstes zwischenmenschliches Universalprinzip darzustellen hilft Unternehmen nicht – zumindest nicht den Unternehmen, die mittels Werbung eine Leistung verkaufen möchten.