Die soziologische Perspektive ermöglicht einen Blick auf Marken, der vor allem eines deutlich macht: Eine Marke ist genauso steuerbar wie der Vertrieb, das Controlling, die Produktentwicklung. Ein Blick in die Markenrealität verdeutlicht, dass dieses Faktum von den meisten Markenverantwortlichen nicht berücksichtigt wird: Marke wird als ein attraktives Faszinosum betrachtet, welches wahlweise etwas mit Bekanntheit, Symbolik, Werbung, Mythos, Psychologie oder Emotion zu tun hat (im schlimmsten Falle kombiniert mit der Selbstverwirklichung eines leitenden Verantwortlichen). Um eine Marke erfolgreich zu führen, bedarf es einer fundierten wissenschaftlichen Kenntnis der Wirkgesetze und Dynamiken des Markenaufbaus und der Markenstärkung. Die Grundgesetze der Markenführung und Positionierung beziehen sich auf das Wissen über die gleichbleibenden Verhaltensmuster der einzelnen Menschen, aber vor allem des menschlichen Miteinanders.
Viele gut gemeinte Durchsetzungsstrategien scheitern an einer gekonnten Umsetzung im Markt. Zahlreiche Menschen sind so dreist und reagieren einfach nicht auf die sorgsam erdachte (Werbe-)Botschaft. Vermeintlicher Ausweg: Noch mehr Werbedruck. Viele Werbungen arbeiten auf der „Image- Ebene“ und verlieren sich in abstrakten Gefühlswelten und zweifelhaften Emotionalisierungsstrategien. Die Schwierigkeit der Durchsetzung von Imagekampagnen wurde mehrfach behandelt. Markensoziologisch kann sich Werbung nur durchsetzen, wenn markenspezi sche Leistungen eingängig in Szene gesetzt werden – mit Fakten oder Leistungsbeweisen. In diesem Sinn macht sich eine markensoziologisch orientierte Werbung und eine gekonnte Markenberatung typische Dynamiken der Vorurteilsbildung zunutze: Aus einzelnen Erfahrungen konstruiert der Mensch universelle Erkenntnisse.
Die Integration dieser Vorurteilsdynamik in jede kommunikative Äußerung des Unternehmens ist die Herausforderung für das Marketing. Die Markensozio- logie nutzt dafür vorhandene Denkmuster, die der einzelne Botschaftsempfänger unkontrolliert zu den von der Marke intendierten Schlussfolgerungen nutzt. Eine konkret angelegte Kommunikationsstrategie stützt sich nicht nur auf die Leistungstatsache an sich, sondern bettet sie ein in kollektive Denkregeln und Erfahrungen, Urteilsschemata, allgemein gültige Meinungen und Vorurteile.
Einige Beispiele machen den Zusammenhang zwischen Leistungsbeweis und abstrakten Urteil idealtypisch deutlich:
Die Hamburger Sparkasse HASPA verdeutlicht ihre Zugänglichkeit, indem sie ihre Leistungen im Detail verdeutlicht und sich so (wohltuend) – auch wenn es sich eben nicht um eigenständige Merkmale handelt.
Lego wirkt – ganz konkret – zum Weltfrauentag mit einem Weltraumset mit Astronautinnen und Wissenschaftlerinnen in den Markt:
Und die FDP macht ihrer Bürgernähe durch die Kommunikation der Handnummer ihres Spitzenkandidaten eingängig:
Niemanden interessiert die Marke an sich (außer vielleicht Werber), sondern das mit ihr in Verbindung gebrachte Leistungsbündel.