Markenführung und Digitalisierung im Baumarkt: Arnd Zschiesche im Interview mit dem BaumarktManager

Arnd Zschiesche sitzend vor der Bücherwand in seinem Büro in Hamburg.
Arnd Zschiesche im Gespräch über Digitalisierung und Markenführung. Photo: David Goltz

Marken sollen dem Kunden Orientierung geben und besitzen demzufolge eine maßgebliche Bedeutung für den Handel. Die Auswirkungen der Digitalisierung auf Marken und Markenführung seien vielfältig, erklärt Dr. Arnd Zschiesche, Markensoziologe, Experte für wissenschaftliche Markenführung, im Interview mit dem DIY-Branchenmagazin “BaumarktManager”. Sicher ist für Zschiesche, der seit Jahren Jurymitglied bei der Wahl der “Produkte des Jahres” ist: Baumärkte können ihre ureigenen Marken-Leistungsmerkmale durchaus ins Digitale übertragen, langfristig müssen sie es sogar. Hinweis zur Sache: Am 27. Februar und am 26. März 2020 führt der BaumarktManager jeweils ein Webinar mit Arnd Zschiesche zum Thema Marke durch (Themen/Inhalte/Uhrzeiten siehe Hinweis unten).

Das Interview

BM: Die Digitalisierung beschäftigt Industrie und Handel seit einigen Jahren gleichermaßen. Welche Auswirkungen hat die Digitalisierung Ihrer Meinung nach auf Marken?

Die Digitalisierung ist fester Bestandteil des unternehmerischen Alltags geworden. Sie tangiert nahezu jede Unternehmung in irgendeiner Form – ob lokaler Fliesenleger oder globaler Technikkonzern. Die Digitalisierung ist da, aber weil sie in all ihren Auswirkungen sicherlich noch nicht annähernd abgeschlossen oder erkannt ist, daher weiterhin unkontrollierbar erscheint, bleibt sie Thema. Und das ist aus dieser Warte auch verständlich. Jeder Unternehmer will sein Business wetterfest halten und hat Angst etwas zu verpassen, das geht jedem so. Mir persönlich übrigens auch, da sind wir Unternehmer alle gleich. 

Die Auswirkungen sind vielfältig, aber insgesamt überwiegen meines Erachtens die Chancen die Risiken eindeutig. Entscheidend für das Verständnis aus markenstrategischer Sicht ist, dass die Digitalisierung primär eine analoge Herausforderung darstellt. Denn es geht in erster Linie „nur“ darum – bewusst verkürzt dargestellt – dass ich als Unternehmen meine ureigenen Leistungen und Kompetenzen, mein Erfolgsprinzip aus der analogen Welt in möglichst typischer Art und Weise in mein digitales Angebot transferiere. Die Digitalisierung macht technisch vieles möglich, auch vieles Neues, aber sie erfindet weder den Menschen neu noch seine Bedürfnisse. Wenn ich einen Baumarkt meines Vertrauens habe, dann wird er dieses geworden sein, weil ich sein Angebot, seine Beratung, seine Lage, jedenfalls einige bestimmte und sehr konkrete Dinge an diesem Baumarkt schätze. 

BM: Und wie genau kann der Baumarkt diese Leistungsmerkmale ins Digitale übertragen?

Wenn zum Beispiel die persönliche Beratung durch bestimmte, besonders kompetente Personen ein wichtiger Pluspunkt des Marktes ist, dann wäre es eine Möglichkeit, diese Personen in „ihren“ Abteilungen auch auf der Webpräsenz des Unternehmens auftauchen und dort ebenfalls als Ansprechpartner bildhaft auftreten zu lassen. Am besten mit Durchwahl-Telefonnummer und Email-Adresse, um den Transfer in die analoge Welt sicherzustellen. Es kann auch durchaus wichtig sein, bei bestimmten Produkten und Fragestellungen ganz offensiv klar zu machen: An diesem Punkt möchten wir Ihnen vor dem Kauf dringend eine persönliche Beratung bei Frau XY empfehlen. Eine Win-Win-Situation: Der Kunde bemerkt, dass dieser Baumarkt seriös, leistungsernst und kompetent ist. Der Baumarkt baut Vertrauen auf und tritt in den persönlichen Direktkontakt mit dem Kunden. Es ist zudem einmalig, dass ihnen ein Unternehmen im Netz davon abrät, jetzt eine Kaufentscheidung zu fällen. Aber wenn es um Vertrauensaufbau versus schnelles Geschäft geht, sollte der seriös, d.h. für mich der langfristig denkende Unternehmer immer Möglichkeit eins wählen.

Entscheidend ist: Bleiben Sie Marke, auch im Internet. Ziehen Sie ihre Grenze, gerade dort wo uns ständig suggeriert wird, dass es keine Grenzen mehr gibt. Widerstehen Sie zum Beispiel der häufig vorkommenden Versuchung, völlig artfremde Produkte in ihrem Webshop zu integrieren, einfach nur weil sie es tun könn(t)en und es so praktisch erscheint. Oder möchten Sie bei Ihrer Bank Bücher und Blumen kaufen und bei ihrer Autowerkstatt Kinderspielsachen oder Klamotten? 

BM: Früher spielte das Logo beim Branding eine bedeutende Rolle. Hat sich das in den modernen Markenstrategien verändert?

Die Rolle des Logos ist unverändert: Unter einem bestimmten Symbol und/oder Namen wird alles abgespeichert, was das Unternehmen dahinter für seine Kundschaft darstellt. Alle Leistungen, die man erfolgreich in der Kundschaft verankern konnte. Das Logo ist der Speicherplatz der DNA des Unternehmens seit Gründung, egal ob fünf, zehn oder hundert Jahre Leistungsgeschichte dahinterliegen. 

BM: Welche Rolle spielen im Kontext Markenbildung und Digitalisierung die sozialen Medien und die künstliche Intelligenz? 

Das Spannende und gleichzeitig die neue Herausforderung durch die Digitalisierung ist, dass ein Unternehmen unabhängig von seiner Größenordnung die Möglichkeit hat, über die zahlreichen Kanäle mit seiner Kundschaft in direkten Austausch zu treten. Dies ist einerseits anstrengend und erzeugt auch Kosten, denn an all diesen Auftrittsorten gibt es die Verpflichtung in markentypischer Art und Weise aufzutreten. Andererseits: Wenn ein Unternehmen früher zwei klassische Kontaktpunkte mit der Kundschaft hatte, zum Beispiel das stationäre Geschäft und einen Katalog, der zweimal im Jahr publiziert wurde, so müssen jetzt deutlich mehr Kontaktpunkte „bespielt“ werden. Dem Kunden ist es tendenziell völlig egal, wie er mit der Marke in Kontakt tritt, ob um 17 Uhr im Geschäft oder nachts um 1 Uhr auf dem Sofa liegend. Er möchte überall seine gewohnte Leistung erhalten, nur dass er es jetzt 24/7 erwartet. Diesem Anspruch entlang der gesamten Customer Journey markentypisch nachzukommen ist eine anspruchsvolle Management-Aufgabe. 

Jedoch auf der anderen Seite eine tolle Chance, gerade für diese Branche: Auf Instagram können Kunden aufgefordert werden, ihren selbstgebauten Carport oder neuen Schuppen zu fotografieren und mit Hashtag zum spaßgebenden Baumarkt zu verlinken. Bedeutet: Diese Welt ermöglicht viele kreative Möglichkeiten den Kunden auf einer durchaus persönlichen bzw. individuellen Ebene ans Unternehmen zu binden. Auf Youtube sind Erklärvideos und Aufbauanleitungen inzwischen zu beinahe allen Themen zu finden. Millionen Menschen zeigen und erzählen dort, wie sie ihre neue Uhr auspacken und anschließend Knöpfe drücken um Funktionen zu aktivieren… Da hat ein Unternehmen der DIY-Branche nun wahrlich andere Pfeile im Köcher. Der Kunde ist insgesamt viel direkter und kostengünstiger zu erreichen: Ein junges Unternehmen, das sich eine geschickte Social-Media-Strategie ausdenkt, kann mit wenig Budget theoretisch innerhalb kürzester Zeit eine globale Käuferschaft finden. Da ist eine gewisse Fairness in der Digitalisierung. Man muss sich allerdings intensiv Gedanken mache, eventuell seine eingefahrenen Denk-Wege verlassen.

BM: Welche Vorteile sehen Sie darin?

Die Digitalisierung führt zu mehr „Augenhöhe” in der Kommunikation mit dem Kunden. Unternehmen, die im Bereich Social Media aktiv sind, erleben den Kunden mit seinen Fragen oft anders, direkter aber sicherlich auch anspruchsvoller. Kunden können ihre Fragen schriftlich in Ruhe zu Hause formulieren. Sie können sich vorab umfassend informieren, denken wir an die Hotelbranche mit den Bewertungsportalen. Der Kunde kann kritische Fragen zur Nachhaltigkeit oder zu Arbeitsbedingungen stellen, Fragen, die er vielleicht dem Verkäufer im Laden in der Beratungs- oder Verkaufssituation nicht so stellen würde.

Das Unternehmen, das in den sozialen Netzwerken unterwegs ist, muss ja zudem, wenn der Content nicht völlig belanglos sein soll, auch ein wenig die Hosen runterlassen und über Einstellungen, Haltungen und das eigene Vorgehen, die Angestellten berichten. Deswegen tun sich High-End-Luxusmarken mit langer Tradition manchmal etwas schwer mit der neuen Offenheit. In ihrer ganzen Geschichte mussten sie noch nie irgendetwas erklären, vielleicht konnten sie den Kunden sogar etwas von oben herab bedienen. Jetzt taucht die Frage auf, woher genau das Leder für die Handtasche stammt oder ob die Verpackung recycelfähig ist. Das ist dann schon für manche ein kleiner Kulturschock.

Dieser neue Convenience-Gedanke ist da ein Kulturbruch in einer vormals abgeschlossenen Welt. Die Digitalisierung wird zu mehr Transparenz führen, weil Unternehmen gezwungen sind, viel stärker nach außen zu berichten, sich viel stärker zu erklären, weit über den Jahresbericht hinaus – und das ist prinzipiell etwas sehr Gutes. Die Digitalisierung verstärkt und erzwingt so gesehen analogen unternehmerischen Anstand…

BM: Gerade das Online-Marketing wird dank all dieser neuen Kanäle stark beschleunigt. Müssen sich Marken dadurch nicht auch schneller wandeln?

Wie gesagt: Die Digitalisierung schaltet den analogen Kunden keineswegs aus – zumindest bei guter Markenführung! Speziell die Online-Marketing-Verantwortlichen sollten daher konsequent darauf achten, gerade wegen all des gefühlten Mega-Tempos um sie herum, für wen und was sie ihre zahlreichen Kanäle befüllen. Auch in den neuen digitalen Kanälen geht es einzig und allein darum, das positive Vorurteil über die Marke kontinuierlich zu verdichten. Die Marke interessant und abwechslungsreich darzustellen. Das heißt nichts anderes als dort das markentypische Tempo durchzusetzen, das wird bei Jack Daniels Whisky etwas anders sein als bei Red Bull.

Entscheidend ist: Allein die Marke setzt das Tempo und den Duktus, niemals der Kanal. Das Medium darf nicht über die Marke herrschen. Facebook führte ja zu seiner Anfangszeit dazu, dass sich konservative Versicherungen, in deren Gebäude kein einziger Angestellter sich ohne Krawatte reintraut, im Netz plötzlich als megacoole Hipsterfirmen auftraten. Inklusive Duzen der Kundschaft und einer völlig anderen Sprache, vielmehr Slang…

Dr. phil. Arnd Zschiesche ist Gründer und seit 2006 Geschäftsführer des Hamburger Büro für Markenentwicklungund Dozent an der Hochschule Luzern Wirtschaft (HSLU). Er ist Autor zahlreicher Sach- und Fachbücher sowie nachgefragter Interviewpartner in den Medien (u.a. ARD Plusminus u. Markencheck). Aktuelle Bücher: Marke statt Meinung (GABAL Verlag) und März 2020: Die Kirche stark machen. Ein Basis-Leitfaden für kirchliche Gemeinden und Organisationen (Springer Gabler); beide gemeinsam mit Prof. Dr. Oliver Errichiello.

Arnd Zschiesche ist zu erreichen unter folgender E-Mail-Adresse: az@buero-fuer-markenentwicklung.com

Arnd Zschiesche sitzt im Stuhl vor der Bücherwand im Büro für Markenentwicklung in Hamburg
Marke statt Meinung.
Die Gesetze der Markenführung in 50 Antworten (GABAL)
Die Kirche als Marke stark machen. Ein Basis-Leitfaden für kirchliche Gemeinden in Organisationen (Springer Gabler)

Mit Arnd Zschiesche “live” über Marke sprechen:

WEBINAR am 27. FEBRUAR 2020
Die Eigen-/Handelsmarke als Marke von morgen – nutzen Sie Ihre Chance.“ (Nie war es einfacher)

WEBINAR am 26. MÄRZ 2020
„Den Baumarkt als Marke positionieren – konsequent die eigene Leistung in Szene setzen.“

X. Internationales Tönnies Symposium in Kiel: Ferdinand Tönnies als Wirtschaftsberater

Das X. Internationale Tönnies Symposium fand vom 5. bis 7. September 2019 an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel statt. In den Sälen des Audimax der Hochschule richtete die Ferdinand-Tönnies-Gesellschaft die Veranstaltung aus. Ein besonderer Anlass war durch das Erscheinen von “Gemeinschaft und Gesellschaft” – dem berühmten Hauptwerk des Begründers der Soziologie in Deutschland – als Band 2 der Tönnies-Gesamtausgabe gegeben. Unter dem Titel der öffentlichen Veranstaltung “Gemeinschaft und Gesellschaft: Gemeinwohl und Eigeninteresse heute” ging es den teilnehmenden Wissenschaftlern darum, dem Denken des Gelehrten aus Oldenswort vor dem Hintergrund aktueller sozialer Herausforderungen und Krisen nachzuspüren. Außerdem wurde der inhaltlich-thematische Reichtum des Klassikers im Kontext der Wissenschaftsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts beleuchtet. Die internationalen Tönnies-Experten sprachen zu diversen Aspekten seines Werks, das dreitägige Programm kann hier nachgelesen werden.

Tönnies Lehre ist so bunt wie aktuell.
Ferdinand Tönnies als Wirtschaftsberater

Unter der Überschrift “Ferdinand Tönnies als Wirtschaftsberater” fand am 7. September im Hörsaal H des Audimax ein mehrstündiges Panel statt, bei dem das Büro für Markenentwicklung mit drei Referenten am Start war: Professor Alexander Deichsel, in Doppelfunktion als Präsident der Ferdinand Tönnies Gesellschaft und Wissenschaftlicher Associate des Büro für Markenentwicklung, Professor Dr. Oliver Errichiello und Dr. Arnd Zschiesche als Geschäftsführer des Büro für Markenentwicklung in Hamburg. Die Themenbreite des Panels zeigt das Spektrum des Begründers der deutschen Soziologie allein im Bereich Wirtschaft: 

  • Prof. Dr. Oliver Errichiello: Einsamkeit als Bündniskraft: Die gemeinschaftliche Funktion der Marke in einer haltlosen Welt

  • Prof. Dr. Hartmut Hecht: Tönnies’ Leibniz Lektüre

  • Dr. Arnd Zschiesche: Die Soziologie ins Leben stellen: Tönnies als Sozioökonom und Markenversteher

  • Dr. Axel Schroeder: Markenbildung im Kapitalmarkt

  • Dr. Martin Busch: Selbstähnlichkeit in der Nachrichtenflut – Markentechnische Bemerkungen zur Ordnung im vermeintlichen Chaos

  • Dr. Rainer Waßner: „Keine Feier ohne Meyer!“ Aufstieg und Fall eines Berliner Marktgiganten

  • Prof. Dr. Alexander Deichsel: Marke verkauft Moral zu ethischen Bedingungen

Leibniz und Tönnies im “Austausch”

Es kam zu ausgiebigen Diskussionen, weit über das Thema Wirtschaft hinaus. So z.B. in Bezug auf das wissenschaftliche Verhältnis von Gottfried Wilhelm Leibniz und Tönnies, welches Hartmut Hecht anhand eines Briefes von Leibniz an Thomas Hobbes aus dem Jahre 1670 darstellt.  Einen Brief, welchen Ferdinand Tönnies 200 Jahre später in der British Library entdeckt, kommentiert und 1887 mit seinen Kommentaren publiziert. Hecht leitet aus Tönnies Text-Anmerkungen die These ab, dass sich trotz des zeitlichen Abstands, die Begründung von zwei unterschiedlichen empirischer Disziplinen wie der Physik und der Soziologie nicht nur gleicht, sondern auf einem gemeinsamen geistigen Ursprung beruht.

Die Marke als soziales phänomen erkennen

Aber gemäß dem Oberthema wurde auch die Rolle der Marke als Wirtschaftsfaktor im zunehmend digitalisierten 21. Jahrhundert  intensiv beleuchtet und diskutiert. Nicht zuletzt die plakative Tatsache, dass medial oft von Apple-Jüngern gesprochen wird, viele Marken mit umfassenden Mitteln versuchen sog. “Brand Communities” zu installieren, zeigt wie zeitlos die Erkenntnisse von Tönnies über die starken (wesenwilligen) Anziehungskräfte von Systemen sind: Die Marke wird deutlich, als ein primär soziales Phänomen, welches betriebswirtschaftliche Auswirkungen hat. Wer sie als Verantwortlicher nicht als soziales Phänomen begreift, der kann eine Marken-Gestalt nicht wert-bewusst und somit nicht verantwortungs-bewusst führen. Es gilt: Je stärker der gemeinschaftliche Grad einer Marke, je dichter ihr positives Vorurteil in der Kundschaft (und Öffentlichkeit), umso höher ihre soziale Attraktivität im Markt.  

Professor Alexander Deichsel und Professor Oliver Errichiello bei der Begrüßung im Hörsaal H.
Dr. Hartmut Hecht im Gespräch mit Alexander Deichsel.
Dr. Arnd Zschiesche referiert über Tönnies und seinen Beitrag zur Markenanalytik.
Dr. Martin Busch, Redakteur bei Radio Bremen, spricht über die Herausforderung Selbstähnlichkeit in den täglichen Nachrichten-Strom zu bringen.

 

Ein Plädoyer: Authentizität und analoger Anstand für digitale Durchsetzung…

Arnd Zschiesche war erneut Gastautor im IKM-Blog an “seiner” Hochschule Wirtschaft Luzern. Im 2. Teil der Kurzserie des IKM (Institut für Kommunikation und Marketing) zum Thema Marke 4.0 ging es diesmal darum, wie die Marke digital erfolgreich mit ihrer Kundschaft kommuniziert. Ist digital wirklich alles anders? Oder ist die “Herausforderung Digitalisierung” zumindest strukturell-ursächlich betrachtet nicht eher doch ein stark analog-basiertes Phänomen? Wie wichtig ist Authentizität? Wie wird sie ins Netz transferiert? Braucht erfolgreiche Digitalisierung eventuell auch analogen Anstand im Unternehmen?

Arnd Zschiesche beim Unterricht im CAS Brand Management an der Hochschule Luzern Wirtschaft: “Modul Markensoziologie”.

Die Erfahrungen aus der Beratungspraxis des Büro für Markenentwicklung beim kontinuierlichen Mega-Thema Digitalisierung sind eindeutig: Die Ängste als Unternehmen alles zu verlieren, als Marke den Zug der Zeit zu verpassen, sind weit über übliche Verdächtige wie z.B. die Automobilbranche in allen  Branchen virulent.  Die Unsicherheit und Verunsicherung ist überall spürbar. Kein nationaler oder internationaler Kongress in den letzen Jahren, bei dem es nicht um britische Buzzwörter wie Disruption, Innovation, Digitalisation usw. ging (siehe z.B. Markenradar-Bericht zum World Travel Forum Lucerne Mai 2019).

Analoge Authentizität must Go digital

Unser Fazit: Die Lösung für jedes digitale Problem liegt ursächlich immer im (analogen) Unternehmen. Es geht tatsächlich “nur” darum, den Genetischen Code der Unternehmung authentisch bzw. selbstähnlich an alle digitalen Kontaktpunkte mit der Kundschaft zu transferieren. Die Besonderheiten der Marke müssen erfahrbar sein – überall und jederzeit. Ein anspruchsvoller Prozess sicherlich, aber so unvermeidbar wie unabwendbar, wenn die Zeitenwende positiv angenommen und angegangen wird.

Wenn allerdings im Vorwege klar definiert ist, wofür das Unternehmen ganz konkret steht und wie es traditionell mit seiner Kundschaft kommuniziert, so ist der kreative Korridor für den Gang in die Digitalisierung perfekt bereitet. Was generell schwieriger bzw. herausfordernder geworden ist, sind Management und Kontrolle der zahlreichen neuen Kontaktpunkte. Hinzu kommt die Offenheit, welche die Digitalisierung zwangsweise mit sich bringt. Hier müssen manche Unternehmen z.B. in der Luxusbranche erheblich dazulernen, weil die neue Nähe zum Kunden für einige von ihnen ungewohnt ist. Und gerade bei attraktiven Rampenlicht-Marken will die anspruchsvoll-interessierte und eventuell kritisch-gut gebildete Kundschaft einiges wissen… (von Medien einmal bewusst abgesehen).

Auf einmal müssen viel mehr Fragen von viel mehr Seiten beantwortet werden: Der Kunde taucht nicht mehr nur zwischen 10 und 19 Uhr im analogen Shop auf, sondern steht plötzlich digital 24/7 mit zahlreichen Fragen “auf der Matte”… Und er kann prinzipiell von fünf Kontinenten mit seinen Fragen kommen. Die derart stark erhöhte “Convenience” für den Kunden wird manchmal im Unternehmen als echte “Inconvenience” angesehen. Ergo: Es gibt in jedem Falle einiges zu tun. Und dabei gilt es – zumindest bei jeder seriösen d.h. langfristig orientierten Unternehmung – nie zu vergessen: Auch die Herausforderung Digitalisierung braucht vor allem analogen Anstand – der Umgang muss offen und ehrlich sein; die Firma, die nichts zu verbergen hat, lebt besser und gesünder (in jeder Hinsicht). Und ein umfassendes Marken-Gesamtkonzept ist das unabdingbare Schmiermittel.

Mehr zu diesem Thema auf dem IKM Blogbeitrag von Arnd Zschiesche zu “Analogem Anstand”.

Unser komprimierter Leitfaden für die nachhaltige Transformation von analog zu digital:

Mehr Infos: “Praxis-Check digitale Markenführung im Mittelstand” (SpringerGabler)

Warum die Digitalisierung eine Chance für die Marke ist – aber “digital” die Welt keinesfalls neu erfindet.

Es herrscht seit nunmehr über zehn Jahren(!) ein vages “Gefühl” in den Chefetagen, dass sich die ganze Welt komplett neu dreht bzw. neu erfindet, eigentlich seit der Begriff Digitalisierung durch die “Teppichetagen” wabert. Es herrscht eine gewisse Ratlosigkeit vor, weil die konkreten Auswirkungen und Schlussfolgerungen für das einzelne Unternehmen noch nicht vollständig feststehen, alles scheint als “im Wandel befindlich”, in manchen Bereichen gerade auch von großen Organisationen bekommt der externe Betrachter das Gefühl: “Wegen Umbaupanik geschlossen”… 

Ein Beispiel aus aktuellem Anlass: Die Hilflosigkeit mit der die politischen Unternehmen, pardon Parteien, es gerade nicht schaffen, sich gegenüber einem einzigen parteikritischen youtube-Video, dem sog. “Reto-Video” zu positionieren bzw. den Druck verspüren sich positionieren zu müssen, steht in mehrfacher Hinsicht stellvertretend für diese Misere und auch Schockstarre in der Markenführung. Nur ein Hinweis an die CDU (und generell auch an die SPD): Starke Marken sind immer Sender einer Botschaft, niemals Empfänger einer Botschaft. 

Vollkommen unbestritten ist jedoch, dass sich viele Unternehmen einige neuen Fragen stellen müssen. Die Grundsatzfrage, die momentan vielfach an die Markenführung gestellt wird, lautet: Besteht ein prinzipieller Unterschied zwischen digitaler und sogenannter klassischer Markenführung? Ja, weil es sich um zwei unterschiedliche Kanäle mit unterschiedlichen Gegebenheiten, Kontaktpunkten sowie Ort- und Zeithorizonten handelt. Nein, weil beide den identischen Leistungskörper voranbringen sollen: Die Marke. Die Trennung beider Varianten hilft im Sinne der operativen Effizienz. Im ganzheitlichen Verständnis von Marke sollte hier jedoch auf keinen Fall irgendeine strategisch-strukturelle Unterscheidung vorgenommen werden.

Die Marke 4.0: Der Anspruch an die Markenführung steigt – die Logik dahinter bleibt bestehen.

Einen Grundsatz-Beitrag von Arnd Zschiesche zur Marke 4.0 können Sie an der Hochschule Luzern Wirtschaft im Blog des IKM (Institut für Kommunikation und Marketing) nachlesen: 

Die Marke 4.0: Fokussierung auf Kernleistung über alle Kanäle

 

Digitale Markenführung “live” auf der AIDA: Arnd Zschiesche hält Keynote für BEST-Reisen

Arnd Zschiesche erklärt anhand der “Branding Madonna” wie uns Marken 24/7 umhüllen.

Eine starke Verbundenheit existiert zwischen der Marke BEST-Reisen und dem Büro für Markenentwicklung, welches der Reisebüro-Kooperation mit Sitz in Filderstadt auf ihrem Erfolgsweg mittlerweile seit über einem Jahrzehnt immer wieder beratend und begleitend zur Seite stehen durfte. Auf spezielle Einladung von BEST-Reisen bzw. der beiden BEST-Vorstände Cornelius Meyer und Frank Winkler durfte Arnd Zschiesche für die Hamburger Markenberatung bereits zum zweiten Mal die Keynote auf deren branchenweit bekannter Jahrestagung halten. Eine Keynote, die sowohl das Thema Digitalisierung im Fokus hatte, als auch die direkten Auswirkungen der sog. “Industrie 4.0” auf die zukünftige Markenführung der einzelnen Reisebüros und der Kooperation.

Warum ist der Kooperationsgedanke gerade angesichts dieser “neuen” Herausforderung so entscheidend bzw. so aktuell wie immer? Was genau impliziert die digitale Herausforderung für das  unabhängige Reisebüro? Und für die Zusammenarbeit des einzelnen Reisebüros mit der eigenen Kooperation? Denn die BEST ist eine Kooperation, die “ihren” Reisebüros gemeinschaftlich gehört.

  • Das unabhängige BEST-Reisebüro als David und als Goliath

Es ist das markensoziologische “David-und-Goliath-Prinzip”, welches hier erfolgreich zur Anwendung kommt, denn das einzelne BEST-Reisebüro – mag es vor Ort noch so klein sein, kann bei Bedarf jederzeit auf die Kompetenz, die Technik und die Angebotsstrukturen einer Groß-Organisation zurückgreifen. So können die Kompetenz einer regional verankerten Reisebüro-Marke und die überregionale Kraft der großen vernetzten Kooperation durch ihr Zusammenspiel eine Win-Win-Situation erreichen. Von der traditionellen persönlichen Beratung bis zu neuester digitaler Technik kann das “kleine” Reisebüro auf der Leistungsklaviatur seiner Kundschaft alles anbieten. Kurz gesagt: Regionaler Mittelstand hat bei Bedarf jederzeit Zugriff auf eine überregionale “State-of-the-Art”-Konzernstruktur.

  • Was bedeutet Digitalisierung für die Kommunikation?

Darüber hinaus ging es im Vortrag aber auch darum, wo und wie sich die Kommunikation mit der Kundschaft verändert – und wo sie dies überhaupt nicht tut. Was gilt es heute in der Werbung zu beachten, wenn der “normale” Alltag ein Tempo und einen Komplexitätsgrad erreicht hat, der längst zu einer Reiz-Abstumpfung (bzw. einem Reiz-Schutz) geführt hat? Wie schafft man es als Unternehmen durch das Digital-Reiz-Gewitter durchzukommen und die eigene Leistung im Kopf des Kunden zu positionieren?

Um die Jahrestagung an einen attraktiven Austragungsort zu bringen, wurde mit dem erst im Dezember fertiggestellten Kreuzfahrtschiff AIDAnova ein ausgesprochen innovativ-einmaliger Tagungsort “zu Wasser” gefunden. Eine schwimmende Location, die selbst bei erfahrenen Touristikern noch einige Aha-Effekte auslösen konnte. Auch die Route von Gran Canaria nach Madeira und dann zurück nach Teneriffa hatte ihren Reiz. Das “Tagungsschiff” war zudem mit neuester Konferenztechnik inklusive eines eigenen High-End-TV-Sendestudios ausgestattet.

  • Fazit: Eine Jahrestagung mit Tiefgang und Seegang

Ein ebenso flammendes wie pointiertes Plädoyer von BEST Vorstand Cornelius Meyer für die Kooperation eröffnete die einzigartige Hochsee-Veranstaltung, bei der in den folgenden Tagen viele hochkarätige Branchen-Vertreter zu Worte kamen. Ein eventreiches Abendprogramm u.a. mit Künstlern wie Sängerin Cassandra Steen oder Ruhrpott-Comedian Markus Krebs rundete das perfekt organisierte Programm ab. Es folgen einige Foto-Impressionen zu einer Tagung rund ums Thema Digitalisierung, bei der kein Referent auf der Bühne ins Wackeln kam, dafür aber der Boden unter ihm. Den Emotionen vor und auf der Bühne tat das alles keinen Abbruch, atmosphärisch geriet nichts ins Wanken. Ob bei den Speakern, den Preisverleihungen, wenn Ex-Nationalspieler Patrick Owomoyela für exklusive BEST Sport-Events wie die “Get Stronger! Week” die Werbetrommel schlug oder als die (halbe) Crew der AIDAnova im Konfettiregen urplötzlich die Bühne stürmte… Stimmung können die Reiseprofis.

Das Ziel des Vortrags: Die Reisebüro-Marke fit machen für die Digitalisierung – unter gezieltem Einsatz der Kooperations-Marke.

AIDA-Präsident Felix Eichhorn und “seine” Crew begrüßen die BEST-Reisebüro-Profis an Bord der AIDAnova.

Die BEST-Vorstände Cornelius Meyer und Frank Winkler (ganz links und ganz rechts) freuen sich mit Patrick Owomoyela und Arnd Zschiesche über eine gelungene Veranstaltung auf dem Atlantik.

Kontakt für einen Vortrag zur “Digitalen Markenführung”:

Dr. Arnd Zschiesche

+49 (0)40 67 95 29 82

az@buero-fuer-markenentwicklung.com

www.buero-fuer-markenentwicklung.com                                         https://arndzschiesche.de