Ferdinand Tönnies, der Haubarg und die Marke: Die IG Baupflege Nordfriesland und Dithmarschen im Interview mit dem Markensoziologen Dr. Arnd Zschiesche (Teil 2)

 
Haubarg bei Tating, Baujahr 1818.
Die Markensoziologie rekurriert stark auf Ferdinand Tönnies, einen Sohn dieser Gegend. Geboren auf einem Haubarg in Oldenswort auf der Halbinsel Eiderstedt. Tönnies gilt als Begründer der Soziologie in Deutschland, wo genau liegt da die Verbindung zur Markenführung? Als Markenexperte ist Tönnies bisher jedenfalls nicht bekannt.

Tönnies kam im leider später abgebrannten Haubarg „Op de Riep“ bei Oldenswort auf der Halbinsel Eiderstedt zur Welt. Und: Ja, Herr Tönnies wird manchmal in seiner Wirkung unterschätzt! Leider. Dabei hat er eine Grundlagenarbeit für die Soziologie geleistet, die einmalig ist. Die Erkenntnisse seiner umfassenden Arbeiten sind seit über 100 Jahren brandaktuell, sie lassen sich auf alle gesellschaftlichen Bereiche produktiv und praxisnah anwenden. Für Tönnies gilt in besonderem Maße der Spruch: Nichts ist so praktisch wie eine gute Theorie! Er legte mit seinem Wirken nicht nur den Grundstein der Soziologie in Deutschland, er gehört auch auf internationaler Ebene zu den Mitbegründern der Soziologie. Sein berühmtestes Werk heißt „Gemeinschaft und Gesellschaft“, erstmals publiziert 1887. Hier erklärt er, wie sich Gemeinschaft bildet und wie sich – in Abgrenzung dazu – Gesellschaft entwickelt.

Die brutale Kurzform der Erkenntnis für das Thema Marke lautet: Starke Marken bilden immer Gemeinschaften. Nicht umsonst spricht man von Apple-Jüngern, aktuell versuchen viele Marken neudeutsch „Communities“ mit ihrer Kundschaft zu bilden, manche möchten sogar zu „Love Brands“ werden. Nike-Mitarbeiter tätowieren sich einen „Nike-Swoosh“ auf die Haut um ihre tiefgehende Verbindung zur Marke zu zeigen. Extreme Beispiele, aber sie verdeutlichen das Prinzip: Wer Marke verstanden hat, der weiß, dass er gemeinschaftliche Strukturen aufbauen muss, wenn er langfristig Menschen binden will. Wer Tönnies verstanden hat, der weiß wie man gezielt Gemeinschaften aufbauen kann – wissenschaftlich fundiert. Wer Tönnies verstanden hat, der erkennt, dass jede Marke ein soziales Phänomen ist, dass wirtschaftliche Auswirkungen hat – umgekehrt funktioniert es nicht. Aus diesem Grund gibt es so viele Probleme in der aktuellen Wirtschaftswelt: Betriebswirtschaftlich geprägte Manager verstehen oftmals nicht, dass sie mit der Marke ein zutiefst soziales Phänomen managen müssen, um gute Zahlen zu erreichen. Zu Zeiten von Tönnies gab es diese harte Trennung von Sozialwissenschaften und Wirtschaftswissenschaften nicht so stark wie heute. Ein großer Fehler im System. 

Tönnies verstand sich als Sozioökonom, er hat genau diese Zusammenhänge verstanden und sie fundiert herausgearbeitet. Meine persönliche Überzeugung ist, dass sein Aufwachsen in einem Haubarg, im ländlichem Gebiet, auf engem Raum mit starker „sozialer“ Nähe zu Mensch und Tier, für sein tiefes Verständnis von Gemeinschaft ursächlich ist.

Haubarg “Op de Riep”, Geburtshaus von Ferdinand Tönnies. Bild von 1900.
Könnten Sie bitte noch einmal erklären, was genau eine Marke ist? Es gibt gefühlt tausend Definitionen von Marke, wann kann man von einer „richtigen“ Marke sprechen?

Es gibt gefühlt tatsächlich Millionen von Definitionen, Ansätzen, Markenmodellen. Jeder Wirtschaftsprofessor hat gefühlt sein eigenes Modell – googeln sie dazu mal den Begriff Markenmodell. Die Markensoziologie beschreibt dagegen kein Modell, sondern analysiert die einzigartige Historie und Realität einer Marke, um ihre ebenfalls einzigartigen Erfolgsfaktoren herauszuarbeiten. Keine Marke der Welt kann über ein Modell hinreichend beschrieben werden. Kurz erklärt: Eine Marke ist ein positives Vorurteil in den Köpfen der Menschen. Selbst größte Globalmarken existieren nur als ein positives Vorurteil in den meisten Köpfen. Genau dies werde ich in meinem Vortrag ausführlicher erklären, um das Grundverständnis von Marke zu schärfen.

Zurück zur IG Baupflege: Wir leben in einer Zeit, wo sich unsere Kulturlandschaft gerade auch hier an der Westküste teilweise durch die erneuerbaren Energien, wie Windkraft, Solarfelder, gigantische Stromtrassen verändert. Hat das historische Bauerbe in dem Wahrnehmungswinkel, gerade der jetzt heranwachsenden Generation eine Chance? Und wie können wir deren Blick dafür schärfen?

Ich würde es genau umgekehrt betrachten wollen: Gerade weil sich unsere Umgebung durch Technologie verändert, wird das historische Bauerbe in seiner Relevanz für zukünftige Generationen weiter ansteigen. In der Markensoziologie heißt es salopp formuliert: Je mehr Globalisierung, Innovation und Digitalisierung, umso wichtiger die Herkunft, der individuelle Ort mit seinen Besonderheiten! Natürlich ist es wichtig, dieses Bewusstsein immer wieder neu zu schärfen, wie wir Anfang des Jahres wieder an der umfassenden Berichterstattung zur Befreiung von Auschwitz gesehen haben.

Meine Überzeugung ist es, dass bisher noch jede Generation ein Bewusstsein dafür entwickelt hat, dass die Vorgeschichte mehr ist als nur ein Faszinosum oder Kuriosum. Dass alles, was im Mai 2020 passiert, alles was wir sind, auf den Schultern und in den Köpfen anderer Generationen erdacht und umgesetzt wurde. Warum finden die Menschen denn einen Haubarg, Pfahlbauten im Sand, ein Schloss Neuschwanstein oder einen Eiffelturm so faszinierend? Warum laufen denn jeden Tag Geschichtsdokus im Fernsehen?

Zumindest jeder denkende Mensch sollte irgendwann in seinem Leben bemerken, dass nicht er oder sie der Mittelpunkt der Erde ist, sondern dass es bereits vor uns viele kluge Menschen gegeben hat. Kluge Menschen, die sich zum Beispiel auch beim Bau ihrer Häuser viele Gedanken gemacht haben. Kluge Menschen, die sich selbst und ihre Zeit in diesen Bauten materialisieren und so be-greifbar werden. Jede Marke, auch jede Kultur-Marke der Welt lebt von ihrer Geschichte: Ihre Attraktivität leitet sich in hohem Maße aus ihrer einmalig-individuellen Geschichte ab!

Zum Hintergrund des Gespräches: das 40jährige Jubiläum der IG Baupflege Nordfriesland und Dithmarschen

Den ersten Teil dieses Gesprächs können Sie in dem Markenradar-Blogbeitrag vom 20.04.2020 nachlesen oder in der Publikation der IG Baupflege “Der Maueranker”  39. Jahrgang März 2020. Direkt zu beziehen über die Interessengemeinschaft (IG) Baupflege Nordfriesland & Dithmarschen. Kontakt unter www.igbaupflege.de . 

Dort erfahren Sie zeitnah auch den neuen Termin für die Jubiläumsfeier “40 Jahre IGB” im Rittersaal des Schloss vor Husum, die ursprünglich am 30.04.2020 stattfinden sollte. Der Geschäftsführer des Büro für Markenentwicklung, Dr. Arnd Zschiesche hält auf dieser nicht öffentlichen Veranstaltung die Keynote: “40 Jahre Baupflege bedeutet 40 Jahre Markenpflege”.

Markensoziologe Arnd Zschiesche bei einem Vortrag im November 2019.

Mehr Vertiefung und Grundsätzliches zum Thema Marke: 

Marke statt Meinung. Die Gesetze der Markenführung in 50 Antworten. GABAL. 

Literatur zur nordfriesischen Baupflege und Baukultur finden Sie unter diesem Link auf der Website der IG Baupflege.

Warum der Erhalt von nordfriesischen Haubargen für norddeutsche Soziologen Ehrensache ist.

Die „Strategische Patenschaft“ zwischen der „Interessengemeinschaft Baupflege Nordfriesland und Dithmarschen“ und dem „Büro für Markenentwicklung“ Hamburg dient dem Erhalt von Haubargen. Und mehr…

Typisch nordfriesische Deichlandschaft.
Quelle: Eigenes Bildarchiv

Der Norden: Unendliche Weiten. Grüne Weiden und Deiche im Sonnenschein (häufiger als man denkt!). Gewaltige Wolkenformationen, Möwengeschrei, Schafgeblöke, knorrig-kernige Personen, die sich verbal eher kurz fassen… Und manch ein Hefefreund hört spätestens jetzt das Ploppen eines Bierverschlusses. Für viele Menschen gehören zudem malerische Bauernhäuser unter Reet sowie roter Backstein zu den regionalen Köstlichkeiten – und zur natürlichen Wahrnehmung dieser touristischen Region. Wer im Urlaub mehr als Strand und hefehaltige Getränke sucht, wer Land und Wesen knorrig-herzlicher Menschen verstehen will (oder vor Sturm und Kälte flüchtet), der sollte in ihre Häuser gehen… 

Wir schreiben das Jahr 2019: Eine kleine feine Marke hat sich voll und ganz den norddeutschen “Mega-Marken” Friesland und Dithmarschen bzw. speziell ihrer in Stein gemeißelten und häufig reetbedeckten Preziosen verschrieben. Es ist die „Interessengemeinschaft Baupflege Friesland und Dithmarschen e.V.“, kurz IG Baupflege, für Kenner noch kürzer: IGB. Seit 1980 kämpft sie so engagiert wie unbeirrbar für den Beibehalt der einmaligen regionalen Baukultur und gegen die zunehmende Verflachung und Austauschbarkeit örtlicher Neubau-Architektur. Dafür wurde sie bereits 1984 mit dem Deutschen Denkmalspreis ausgezeichnet. 

Viel mehr als Wattenmeer: Nordfriesische Gebäude-Perlen im Hinterland

Denn neben der einmaligen Naturlandschaft des Wattenmeeres existiert hier eine ebenso einmalige Kulturlandschaft, deren Potential nicht annähernd gehoben ist. Ein auch im Wortsinne herausragendes charakteristisches Symbol des kulturellen Erbes im Inland der Westküste sind die Haubarge: Große Bauernhöfe mit imposant-hohen Dächern, meist auf schützenden Warften gelegen. Gebäude, die so nahezu ausschließlich auf der Halbinsel Eiderstedt zu finden sind. Die IGB will ein Bewusstsein dafür schaffen, dass sich abseits bekannter Pfahlbauten im Sand eine zunehmend wertgeschätzte Baukultur im satten Grün Nordfrieslands befindet.

Ob auf Sand, hinterm Deich, zu Lande oder in der Stadt: Immer wieder macht die IG Baupflege mit ihren ehrenamtlichen Unterstützern baukulturelle Neu-Entdeckungen im Kleinen wie im Großen. Das Spektrum reicht von altholländischen Fliesen bis zum „Englischen Bahnhof“ in Husum. Das Wissen um diese einzigartigen Bauwerke, deren Erhalt und Hilfe bei der Pflege ist Markenkern der IGB. Der „Maueranker“ ihr schriftliches Sprachrohr, Hans-Georg Hostrup ihr umtriebiger Vorstandsvorsitzender: Als „Mensch des Jahres 2018″ ausgezeichnet für sein ehrenamtliches IGB-Engagement für den Erhalt historischer Bauten.

Das Wissen allen zugänglich machen – digital

Aktuell startet ein digitales Großprojekt der Institution mit Sitz in Bredstedt: Das „IG-Baupflege-Online-Lexikon“ soll die Handwerkskunst, das umfassende Fach- und Spezialwissen um die besondere Architektur vor Ort bewahren, es gleichzeitig einer erweiterten Öffentlichkeit zugänglich machen. Dafür wurde von der IGB die große Spenden-Aktion „Rettet die Nordfriesische Hauslandschaft“ initiiert (Spenden-Logo siehe unten). Neben vielen anderen Maßnahmen wirbt ein eigener Kurzfilm für die Belange und Wichtigkeit der Baupflege in Nordfriesland: Passenderweise wird der Spot im Kino-Center Husum direkt vor dem Siegfried Lenz-Film „Die Deutschstunde“ gezeigt. Ein Werk, in dem Landschaft und Häuser Nordfrieslands eine tragende Rolle spielen. Mehr Informationen zur IGB-Aktion, finden sie hier.

Marke lebt von Geschichte – Geschichte lebt über konkrete Leistungsbeweise

Wer sich ernsthaft mit Marke und Markenführung auseinandersetzen will, kommt nicht umhin, sich intensiv mit Geschichte und Vergangenem zu befassen. Anders ist ein „richtiges“ Verständnis für die individuellen Besonderheiten einer Marke nicht möglich, anders kann kein soziales System wertschöpfend in die Zukunft geführt werden. Jeder seriöse Ansatz muss sich intensiv mit der Substanz einer Marke und deren Erhalt auseinandersetzen. Diese Substanz kann nur verstanden werden über das Verständnis der Evolution eines Markensystems.

Marken sind Kulturkörper, die auf Basis von Leistungen entstanden sind. Sie wurden zu Marken, weil sie es vermocht haben, ein spezifisches Muster zu verankern, sie erschufen sich einen Wiedererkennungswert. Einige sind so zu einem Esperanto des Handels geworden, ihr Code wird auf der ganzen Welt spontan entziffert, er kennt weder politische noch kulturelle Grenzen. Eine blaue Dose mit weißer Schrift wird global richtig „zugeordnet“, eine Louis Vuitton-Tasche auf jedem Boulevard erkannt, und und und… In Bezug auf eine Land- oder Regionalmarke kann das Muster genauso ein Dirndl, ein Oktoberfest oder ein Hofbräuhaus umfassen. Dinge, die einzigartig sind, die authentisch und konkret für ihre Vor-Geschichte und Herkunfts-Kultur stehen. 

Heut ist alles Marke – nur kaum einer versteht, was Marke ist

Das Thema Marke selbst ist in den letzten 25 Jahren überall angekommen, der Begriff hat eine steile Karriere erfahren: Nicht nur Manager, auch Politiker, sogar Kirchenvertreter sprechen anno 2019 ohne mit der Wimper zu zucken vom „Markenkern“ ihrer Kirche. In der Logik begreifen sich heute Sportvereine, Städte, Landschaften, ganze Regionen als Marken und vermarkten sich dementsprechend. Leider bedeutet all dieser Zuwachs nicht, dass das Markenverständnis größer geworden ist. Denn Marke an sich ist nur ein verbales Vehikel um Vertrauen in eine besondere Leistung unter einem Namen und Zeichen zu fassen. 

Der Mensch kann nur das Besondere lieben – Marke ist immer das Besondere

Das Prinzip macht deutlich, warum es Marken bereits bei den alten Griechen gab, sie keine Erfindung der Neuzeit sind. Weil Menschen immer schon außergewöhnliche Leistungen begehrenswert fanden. Damit einher geht neben dem Vertrauensaufbau bei entsprechender Leistung automatisch eine Kategorienbildung: Porzellan aus China, Wein aus der Toskana, Uhren aus Glashütte, Messer aus Solingen, Käse aus Appenzell, Husumer Krokusblüte etc. Entscheidend für das Verständnis jeder Art langfristiger Markenbildung ist: Der Mensch kann nur das Besondere lieben, das Gewöhnliche kann keine derartige Anziehungskraft entwickeln. 

Die Dinge sind die Gene der Kultur – Kultur ist umso stärker, je greifbarer sie ist 

Was wäre eine Stadt wie Lübeck ohne Holstentor, ohne Marzipan, sieben Kirchtürme, den Altstadtkern? Kurzgefasst: Was wäre die Stadt ohne ihre einzigartige Geschichte? 217.198 Einwohner, 214,21 Quadratkilometer Fläche, 10 Stadtteile mit 35 Stadtbezirken, usw. Erkennen Sie den Ort noch? Alle wissen intuitiv: Lübeck ist nicht wie Flensburg oder Kiel. Schon gar nicht wie Augsburg. Mainz hat 217.118 Einwohner, ähnelt Lübeck nicht wirklich. Aber warum nicht? Weil Marken, ob Stadt, Land oder Auto immer soziale Phänomene sind.

Daher ist das Wissen, das tiefe Verständnis und die selbstähnliche Fortschreibung ihrer Geschichte so wichtig für deren Stärkung und Durchsetzung. Herkunft spielt eine maßgebliche Rolle dabei, markensoziologisch gilt: Je mehr Globalisierung, umso wichtiger die Herkunft, die Region, der einzelne Ort. Deswegen braucht es Menschen, die diese Besonderheiten pflegen. Menschen, die den Sinn dafür haben, dass Kultur nie soft-fact, sondern entscheidender hard-fact ist. Der Soziologe sagt: Die Dinge sind die Gene der Kultur, genau darum ist ihr Erhalt (kultur-)überlebensnotwendig. 

Die Deutsche Soziologie wäre ohne den Haubarg ärmer

Typisch nordfriesische Landschaft vom Deich aus gesehen.
Der Haubarg “Op de Riep” auf dem Ferdinand Tönnies 1855 zur Welt kam. Quelle: Uwe Carstens: Ferdinand Tönnies. Friese und Weltbürger. Nordfriisk Institut, S. 14, 2. Auflage 2013 (Biografie).

Die Wissenschaft, die sich analytisch mit Marken als soziokulturellen Phänomenen auseinandersetzt und Werkzeuge für deren Zukunftsfähigkeit entwickelt, ist die Markensoziologie. Maßgeblich für das Verständnis der natürlichen Markenbildung und die Mobilisierung sozialer Anziehungskräfte ist ein Buch, welches ein Gründervater der deutschen Soziologie verfasst hat: Ferdinand Tönnies und sein Werk „Gemeinschaft und Gesellschaft“, erstmals 1887 erschienen; mittlerweile längst ein Klassiker, der auch in China und den USA Verbreitung gefunden hat.

Im Juni 2019 konnte die Ferdinand Tönnies Gesellschaft Kiel dieses Werk feierlich als Band 2 im Rahmen der Ferdinand Tönnies Gesamtausgabe präsentieren. Dies geschah im Rahmen des „X. Internationalen Tönnies Symposiums“ , siehe auch den Markenradar-Bericht vom Symposium: “Tönnies als Wirtschaftsberater”.  

Ohne Herkunft keine Hinkunft – auch nicht bei Wissenschaftlern

Jener Tönnies kam im Haubarg „Op de Riep“ bei Oldenswort auf der Halbinsel Eiderstedt zur Welt (siehe Bild). Das enge familiäre Zusammenleben in dieser Art des Bauernhauses ist sicher mitverantwortlich für sein sensibel-intensives Verständnis für den Begriff und das Wesen der gemeinschaftlichen Sozialform: Im Haubarg lebte die Familie auf meist kleinem Raume gemeinsam (mit den Nutztieren) unter einem großen Dach. Mit aller Zuneigung und allen Konflikten, welche diese Konstellation birgt und die für jedes Leben in Gemeinschaft typisch sind.

Das typisch ländliche Zusammenleben muss seinen Blick geschärft haben, für die Abgrenzung gegenüber der mit dem Anwachsen der Städte verstärkt aufkommenden, anonymeren Form des Zusammenlebens in Gesellschaft. Eine “neue” Form des Miteinanders, aus dem heraus eine andere soziale Distanz zwischen den Menschen entsteht. 

Der “Marke Haubarg” und “Nordfriesland” mehr Geltung verschaffen

Gute Gründe für das Büro für Markenentwicklung, sich für die IG Baupflege stark zu machen, ihr bei strategischen Fragestellungen zur Seite zu stehen. Das Hamburger Unternehmen setzt sich seit seiner Gründung 2006 intensiv für die Verbreitung des Wissens um das Werk von Ferdinand Tönnies ein. Es fußt wissenschaftlich auf seinem geistigen Fundament: Der Erhalt des Haubargs und anderer Gebäude als soziokulturelle Zeitzeugen ist somit in jeder Hinsicht ein Anliegen von zugriffsorientierten Soziologen wie auch von Markenexperten.

Nur über das Verständnis örtlicher Geschichte, Demut vor dem Geist und den Leistungen früherer Menschen, können Systeme Anziehungskraft entwickeln. Dafür sorgt die IGB in einem Bereich, dessen Erhalt auch für uns und unser Markenverständnis lebensnotwendig erscheint. Denn Zukunft kann weder geplant noch effizient ausgestaltet werden, ohne umfassendes Verständnis von Vergangenheit. Dazu muss Wissen so konkret wie möglich erhalten und weitergetragen werden. Anders funktioniert es nicht. Es geht um deutlich mehr als den Erhalt von Haubargen…

Hans-Georg Hostrup, Vorsitzender der IG Baupflege, vor seinem Haubarg Blumenhof bei Tating, gemeinsam mit Arnd Zschiesche.
Quelle: Eigenes Bildarchiv
Das offizielle Siegel der IGB-Aktion “Rettet die Nordfriesische Hauslandschaft!”