Immer wieder ist in zahlreichen Werbungen zu beobachten, dass entweder möglichst viele Aktionsfelder eines Unternehmens dargestellt werden oder aber die Werbebotschaft aufgrund der Komplexität vollständig generalisiert (und damit neutralisiert) wird. Resultat: Das Unternehmen oder die verantwortliche Werbeagentur flüchtet sich in abstrakte Charakterisierungen (Stichwort: “Wir sind innovativ aus Tradition”) und Gefühlswelten (internes Schlagwort: “Wir müssen emotional werben.”).
Markensoziologisch sind diese Überzeugungsstrategien mehr als zweifelhaft. Bei ca. 3.000 werblichen Botschaften, die auf einen Europäer tagtäglich einströmen, wird dieser sich
- keine komplexen und vielschichtigen Mitteilungen merken
- abstrakte, d.h. “emotionalisierte” Aussagen nicht mit einem Markennamen verknüpfen.
Rhetorik wird seit der Antike dazu eingesetzt, um andere Menschen von der Richtigkeit der eigenen Aussagen zu überzeugen und somit Meinung zu bilden. Rhetorische Mittel setzen massenseelische Denkmuster ein, die der Einzelne unkontrolliert zur Urteilsbildung nutzt bzw. nutzen muss. Sie sind uns seit über 2000 Jahren bekannt – ihre Wirkkraft auf den Menschen hat sich nicht reduziert.
Aus der klassischen Rhetorik ist die Stilfigur des “Exempels” bekannt. Das Exempel ist ein Einzelfall, aus dem man auf das Ganze schließt. Besonders wirkungsvoll wird diese Werbestrategie bei folgenden Marken eingesetzt:
Quelle: DHL, Deutschland
Im Herbst/Winter 2008 konnten die Kunden der Deutschen Post in der Nähe der Serviceschalter diese Motive sehen. In der Tat: DHL brachte einige (wenige) Pakete zur Raumstation ISS. Auch wenn in der Realität kein Postbote durch das All tobte und auch nicht wirklich ein DHL-Standardpaket eingesetzt wurde, so war der eigentliche Sachverhalt durchaus real. DHL brachte ein Paket in den Orbit. Logische Schlussfolgerung im Sinne der Rhetorik: Wer in der Lage ist ein Paket dorthin zu transportieren, der bringt ein Paket auch gut und professionell nach Wanne-Eickel.
Quelle: DHL, Deutschland
Einen noch leistungsernsteren Weg beschreitet der Erden- und Substrat-Hersteller Floragard aus Oldenburg. Seit 90 Jahren produziert das Unternehmen hochwertige Erden und Spezialsubstrate, es gilt als wissenschaftlich führend in seiner Branche. Ein Großteil der Erwerbsgärtner nutzt die Produkte von Floragard. Die Expertise aus Forschung und Erfahrung kommt direkt jedem Hobbygärtner zugute, der mit Floragard “arbeitet”. Wie macht die Marke dies ihrer Kundschaft deutlich? Sie führte im Jahr 2006 die Aktiverde mit der sogenannten Anwachsgarantie ein. Das Unternehmen garantiert bei sachgemäßer Anwendung die gesunde Entwicklung der in ihr gepflanzten Blumen und Nutzpflanzen. Ein einmaliges Leistungsversprechen, welches sich auf die Wahrnehmung der Gesamtmarke auswirkt.
Quelle: Floragard
Ein weiteres Beispiel, das weltweit durch die Presse ging: Das Schnellrestaurant Burger King bot kurzzeitig den Luxus-Hamburger in einigen Londoner Filialen an. Preis: 95,- Englische Pfund. Idee dahinter: Neben weltweiter kostenloser PR …die fachliche Versiertheit und besondere Positionierung als “bessere” Alternative zu anderen Schnellrestaurants wurde anhand eines in jeder Hinsicht herausragenden Produktes übergreifend thematisiert.
Quelle: Burger King
Fazit: Oftmals reicht es aus ein besonderes Produkt bzw. eine Leistung konzentriert in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken, um damit die gewünschten übergreifenden Kategorisierungen innerhalb der Kundschaft zu verankern. Wie so oft gilt auch hier: Weniger ist mehr …und diese klassische Vorgehensweise kommt seit 2000 Jahren den menschlichen Denkschemata viel näher, als die modischen Strategien zahlreicher Werber.