Das 3-Minuten-Interview mit dem Begründer der Markensoziologie und Wissenschaftlichen Associate des Büro für Markenentwicklung in Hamburg, Univ.-Professor Dr. Alexander Deichsel.
1. Herr Professor, wie definieren Sie eine Marke?
Marke zeigt sich im wirtschaftssoziologischen Verständnis als gewinngetriebener Vertrauenskörper. Der Anfang ist immer eine Leistungsidee – man nennt das heute gerne die Suche nach einer Innovation. Um den Schöpfer einer solchen Leistungsidee bildet sich , falls die Sache Substanz hat und der Impuls stark genug ist, ein Unternehmen und sodann, nach markensoziologischen Gesetzmäßigkeiten, eine Kundschaft. In dem Maße, in dem diesen Kulturkörper zu entfalten, einem Markenmanagement gelingt, gelingt der Aufbau von Markenkraft. Jeder von uns ist Komponente in Hunderten solcher Leistungskörper. Das, was wir Wirtschaft nennen, ist eine kraftvoll aufeinander bezogene Komposition aus eben solchen.
2. Was überzeugt – Ihrer Ansicht nach – am effektivsten potentielle Käufer?
Spezifik.
3. Was zeichnet für Sie „gute Werbung“ aus?
siehe Frage 2.
… denn nur diese Qualitäten ziehen uns an, öffnen uns erst die Seele – also deren Bedürfnisse … und folglich dann unser Portemonnaie … Auf diese Weise investieren wir in die Marke, zeigen uns gerne als deren Financier, der sie mit immer wieder selbsterzeugten, wie der Kaufmann sagt; frischem Geld versorgt. Der reziprok gewinngetriebene Vertrauenskörper etabliert sich …
4. Können Marken heute noch allein über ihre Leistung überzeugen?
Durch was denn wohl sonst? Allerdings sollte man unter Leistung alle sinnlich wahzunehmenden Ausstrahlungen verstehen. Damit ist jeder Leistungspunkt des gesamten Leistungskörpers gemeint: wenn man ihn sich als Leistungskette vorstellt also nicht nur die Qualitäten des Produktes oder der Dienstleistung, sondern auch deren Verpackung, Vertrieb, Verkauf, Behandlung durch den Handel, Präsentation im Laden und in der Öffentlichkeit, Preisstellung, Preispolitik, ja Preisschild und zahlreiche andere Details … bei Dienstleistungen beispielsweise das Personal, die Räumlichkeiten, die vielen einzusetzenden Dinge … und deren Zustand . Bei “Symbolprodukten” wie Zeitungen, Songs und dergleichen sind es wieder andere Charakteristika … Jede dieser Leistungsabstrahlungen trägt auf ihre Weise dazu bei, im Markt die gewünschte Wertstellung, teuer oder billig, also entsprechende Reinvestitionsgewinne zu erzeugen – oder nicht; auch das, was heute gerne als Emotion – markentechnisch beobachtet: Erregung , die zu Anhänglichkeit führt – bezeichnet wird. Aber Achtung: Emotionen entstehen allein durch Leistung.
5. Wie beeinflusst die Digitalisierung die Markenführung heute? Was ist heute anders als noch vor einigen Jahren in Bezug auf das Management einer Marke?
In der Aufgabenstellung des Managers – des Markenführers hat sich nichts geändert – allein die Vielfalt der Ausstrahlungskanäle , die Saugarme für das Geld anderer Leute, hat zugenommen – und also dessen gestaltführende Kontroll-, ja Durchsetzungsarbeit . Sich ins Netz stellen ist einfach , sich dem Netz stellen verlangt nun allerdings neuartige Kampftechniken.
Als ehemalige, spät berufene Studentin in Hamburg, durfte ich die Vorlesungen des Alexander Deichsels besuchen und wir haben uns danach noch einige Jahre ausgetauscht. Ich bin glücklich und ein wenig auch stolz, dass ich viele Dinge, die ich bei ihm gelernt habe, für mein jetziges Unternehmen gebrauchen konnte. Eine Marke. Mit Alleinstellungscharakter. Danke, lieber Professor! Danke Ihnen auch für dieses Interview, liebes Markenradar!